Multi-Asset Portfolioperspektiven: Wann lichten sich die Nebel?

Multi-Asset Portfolioperspektiven: Wann lichten sich die Nebel?

Kommentar, 27.04.2023
Die gute Nachricht vorweg: Multi-Asset Mischportfolien bieten aufgrund geringerer Korrelationen zwischen Anleihen und Aktien endlich wieder entsprechende Diversifikationsvorteile im Vergleich zu sortenreinen Portfolien. Darüber hinaus ist es auch wieder möglich, mit Veranlagungen in täglich fällige Gelder und in Geldmarktinstrumente, positive nominelle Renditen zu erwirtschaften. Allerdings hat diese Entwicklung auch ihren Preis, muss doch mehr als ein Jahrzehnt außergewöhnlich expansiver Geldpolitik „normalisiert“ werden. Aktuell stehen daher vor allem die negativen Auswirkungen einer außergewöhnlich raschen und umfangreichen Zinswende in den USA im Vordergrund. Während ein Leitzinsanstieg von 475 Basispunkten in nur knapp etwas mehr als zwölf Monaten negative Konsequenzen für die Realwirtschaft als sehr wahrscheinlich erscheinen ließ, überrascht das Ausmaß der Instabilität von einigen US Regionalbanken im Zuge dessen einige Beobachter dennoch.

Denn obwohl die Abwicklung der Silicon Valley Bank (und der Credit Suisse gleichsam als „Kollateralschaden“) bereits verdaut schien, rückt derzeit mit der First Republic Bank ein weiteres US Kreditinstitut in den Blickpunkt, dessen mögliche Sanierung deutlich mehr Fragen offen lässt als erwartet. Insbesondere im Lichte der äußerst zweifelhaften Qualität ihres Kreditportfolios stellt sich eigentlich nicht mehr die Frage ob diese Bank gerettet werden muss, sondern durch wen. Sehr wahrscheinlich wird der öffentliche Sektor diese Aufgabe übernehmen müssen, mit etwas Glück helfen die großen US Banken noch einmal mit einem Liquiditätszufluss. Dieses Ereignis dürfte dennoch für anhaltende Verunsicherung sorgen und könnte in Kombination mit einer sich vertiefenden fiskalischen Krise – Stichwort „debt limit“ – in den kommenden Wochen für sehr viel Volatilität vor allem an den US Märkten sorgen.

Gleichzeitig ist die Frage ob die Inflationsrisiken geringer worden sind mit einem klaren „jein“ zu beantworten. Im Prinzip gibt der Rückgang der breiten Inflationsmaße Hoffnung auf eine Trendumkehr, die stickiness der Kerninflationsraten deutet aber eine zumindest mittelfristige Niveauverschiebung an. Unter der Annahme einer allmählichen Stabilisierung der Konjunkturlage würden aber jedenfalls die nachfrageseitigen Inflationstreiber wieder Auftrieb erhalten. Gestiegene Finanzierungskosten werden aller Wahrscheinlichkeit nach mittelfristig die Angebotsseite dämpfen, zusätzliche Kosteneffekte sind die Folge. In dieser Hinsicht ist die Wahrscheinlichkeit von Zinsüberraschungen in der Eurozone daher deutlich höher als in den USA da letztere diesbezüglich einen besseren Konsolidierungspfad verweisen können.
Die logische Konsequenz aus diesen Betrachtungen ist eine in der Tendenz deutlich defensiver ausgerichtete Portfolioallokation kombiniert mit inflationsschützenden Elementen. Zu unklar sind die möglichen Risiken aus eine anhaltenden Bankenkrise in den USA und einer zu aggressiv gepreisten Zinskurve bei mittleren und langen Laufzeiten. Gleichzeitig erscheint es unwahrscheinlich, dass Aktien auf Basis der aktuellen Bewertungen kurzfristig ein risikobasiert attraktives Kurspotenzial vorweisen können. Insbesondere US Aktien wirken derzeit teuer gepreist, erhöhte konjunkturelle Unsicherheiten sprechen klar gegen eine Übergewichtung. Europäische Aktienwerte sind diesbezüglich deutlich attraktiver, höhere Zinsrisken stellen aber einen potenziellen Belastungsfaktor dar. Defensive Dividendenaktien großkapitalisierter Unternehmen – vorzugsweise in Europa – dürften aber jedenfalls eine performancetreibende Rolle einnehmen können. Anleiheseitig stechen einmal mehr bonitätsstarke Unternehmensanleihen hervor, ein Einstieg bei High Yield und Schwellenländeranleihen wirkt hingegen noch verfrüht.
Alternative Investments, allen voran Rohstoffe, sind selbst im aktuellen Hochzinsumfeld wie im vergangenen Jahr eine wichtige Beimischung und sollten übergewichtet bleiben. Einerseits aus Gründen des Inflationsschutzes und andererseits gegenüber idiosynkratischen Risiken. Speziell Gold nimmt in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle ein, sind doch auch abgesehen von systemischen Risiken potenziell negative Spillovers aus militärischen Konflikten (Ukraine/Russland und China/Taiwan) nach wie vor sehr hoch.



Mag. Manuel Schuster, IMC

CEO&CIO, FAME Investments AG